In der erfolgreichen Fernsehserie „Der Sechs-Millionen-Dollar-Mann“ aus den 1970er Jahren sollte Steve Austin mittels modernster Technologien in einen „stärkeren, schnelleren und besseren“ Menschen verwandelt werden. Aber das war Science-Fiction. Heute können humanoide Roboter menschliche Arbeit genauso gut oder sogar besser erledigen als Menschen – und das sogar ohne Pausen oder Essen zu benötigen, ohne Verletzungsrisiko und ohne die Sorge vor möglichen Gefahren. Außerdem sind die Kosten für einen gelungenen Humanoiden wesentlich geringer als die des Sechs-Millionen-Dollar-Mannes.
Bei der Entwicklung wirklich leistungsfähiger humanoider Roboter zu erschwinglichen Kosten stehen die Ingenieure vor beachtlichen Herausforderungen. Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her, dass Videos von stürzenden Humanoiden bei der DARPA Robotics Challenge viral gingen, und der Öffentlichkeit die Tücken der Technik unterhaltsam vor Augen führten. Schon allein für die Fähigkeit, sich aufrecht zu bewegen, benötigen Humanoide Sensoren sowie Verarbeitungs- und Bewegungssysteme, die weit über die Fähigkeiten der meisten Industrieroboter hinausgehen – von der Durchführung komplexer Aufgaben ganz zu schweigen. Diese Herausforderungen konnten jedoch im Zuge der rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, der Prozessorgeschwindigkeit, der Verkleinerung von integrierten Schaltkreisen und anderer Technologien rasch gelöst werden.
Allerdings dienen sämtliche in Robotern eingesetzten technischen Systeme seiner Bewegung. Humanoide sind nur dann nützlich, wenn sie sich mit dem Gleichgewicht, der Präzision und der Geschicklichkeit von Menschen bewegen können – oder sogar noch „stärker, schneller, besser“ als Menschen sind.
Die größte Chance für humanoide Roboter liegt in der Ausführung von Aufgaben in menschlichem Umfang in Umgebungen, die für Menschen konzipiert sind. Das kann alles sein – vom Transport von Kisten in einem Lagerhaus bis zum Ersatz menschlicher Arbeitskraft in gefährlichen Umgebungen, in der Altenpflege oder sogar bei Routineaufgaben im Haushalt. Der zunehmende Arbeitskräftemangel begünstigt die Entwicklung derartiger Roboter in menschlicher Größe. Goldman Sachs Research prognostiziert, dass innerhalb von nur zehn bis 15 Jahren bereits ein riesiger Markt mit einem Volumen von über 6 Milliarden US-Dollar entstehen könnte.
Um diese Chance zu nutzen, müssen die Konstrukteure die beiden wichtigsten Bewegungsanforderungen berücksichtigen, die ein überzeugender humanoider Roboter erfüllen muss:
1. Möglichst geringer Stromverbrauch für eine längere Akkulaufzeit.
2. Eine Maximierung der Drehmomentdichte, damit die Roboter ihr eigenes Gewicht tragen und gleichzeitig beträchtliche externe dynamische Belastungen bewältigen können.
Diese beiden Anforderungen sind eng miteinander verbunden und müssen gleichzeitig mit einem Motor bewältigt werden. Kollmorgen vertritt daher die Überzeugung, dass Motoren und Aktuatoren robotergerecht konstruiert werden sollten, anstatt nur die Antriebsanforderungen von Drohnen oder anderen nicht-robotischen Anwendungen zugrunde zu legen.
Die Herausforderungen von Drehmoment, Geschwindigkeit, Gewicht und Effizienz verstehen
Die von der National Institute for Occupational Safety and Health empfohlene Obergrenze für das Heben von Lasten liegt für menschliche Arbeitskräfte bei 23 kg. Bei UPS müssen Pakete mit einem Gewicht von mehr als 31,5 kg besonders gekennzeichnet und entsprechend befördert werden. Die Umsetzung der EU-Richtlinie über die manuelle Handhabung von Lasten variiert in den einzelnen Mitgliedstaaten, jedoch schreiben mehrere Länder eine Obergrenze von 25 kg für Männer und von 15 kg für Frauen vor.
Diese Gewichtsgrenzen stellen eine allgemeine Richtlinie für dynamische Lasten dar, die von den meisten humanoiden Robotern bewältigt werden sollten – allerdings müssen die Roboter auch ihr eigenes Gewicht tragen und bewegen, welches bei einer menschlichen Größe leicht das Zwei- bis Dreifache des Gewichts der zu tragenden Last ausmachen kann.
Stationäre, kollaborierende Roboter, die in Produktionsumgebungen eingesetzt werden, können schon seit Jahren derartige und noch höhere Lasten aufnehmen. Jedoch bieten selbst die fortschrittlichsten und flexibelsten Industrieroboter in der Regel nur sechs bis sieben Freiheitsgrade. Humanoide Roboter verfügen dagegen mitunter über 30 bis 40 oder sogar noch mehr Bewegungsachsen. Dank dieser Achsen können sich die Humanoiden flexibel bewegen, mit ihrer Umgebung interagieren und anspruchsvolle Aufgaben auf menschlichem Niveau ausführen.
Jede dieser Achsen bedeutet für den Roboter zusätzliches Gewicht und Volumen und benötigt außerdem Energie. Fortschritte in den Bereichen der künstlichen Intelligenz, der optischen Systeme, kinästhetischer Sensoren und der Geschwindigkeit der Datenverarbeitung spielen eine wichtige Rolle. Aber nichts ist für die Entwicklung einer neuen Generation erfolgreicher humanoider Roboter wichtiger als die Maximierung der Drehmomentdichte, die Verringerung von Größe und Gewicht und die Reduzierung des Energieverbrauchs der einzelnen Robotergelenke.
Anforderungen an Servomotoren verstehen
Größe, Gewicht und Drehmoment der Motoren sind die wichtigsten Parameter bei der Konstruktion von Gelenken für humanoide Roboter. Die Berechnung des optimalen Verhältnisses von Last, Drehmoment und Geschwindigkeit ist für kollaborierende Industrieroboter relativ einfach. Humanoide stellen eine andere Herausforderung dar.
Die Gelenke von Humanoiden können nicht in dem relativ engen Geschwindigkeitsbereich von Cobots betrieben werden. Für die Navigation und die Verrichtung von Arbeiten in einem schwer vorhersehbaren Umfeld müssen die einzelnen Gelenke von Humanoiden in der Lage sein, sehr schnell und bidirektional zu beschleunigen – und zwar von Null auf hohe Geschwindigkeiten und wieder zurück – und dies in einem kontinuierlichen, dynamischen Zusammenspiel von Balance, Präzision und Kraft.
Vor diesem Hintergrund sind die konventionellen Kennzahlen für die Leistungsfähigkeit von Motoren wie das Dauerdrehmoment und die Drehzahl nur bedingt für die Auswahl der Motoren von Humanoiden geeignet. Vielmehr sollten die entsprechenden Bezugsgrößen auf der Motorkonstante (Km) beruhen, die sich aus der Drehmomentkonstante (Kt) geteilt durch die Wurzel des Leitungswiderstands der Motorwicklungen ergibt (Km = Kt / √(Rm). Km ist im Wesentlichen ein Maß für den Wirkungsgrad eines Motors beim Vergleich von Motoren ähnlicher Größe.
Ein hocheffizienter Motor kann bei minimaler thermischer Erwärmung betrieben werden, wodurch eine zuverlässige Leistung des Motors und der wärmeempfindlichen Komponenten wie Schmiermittel und Elektronik unter den beengten räumlichen Platzverhältnissen in einem Robotergelenk gewährleistet wird. Die Berechnung der Motorkonstante pro Gramm Motorgewicht stellt auch nützliche Daten für die Auswahl eines möglichst leichten Motors bereit, der die benötigte Leistung erbringt.
Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung des Drehmoments in einem leichten, kompakten Robotergelenk besteht in der Verwendung eines Motors, der sich die D2L-Regel zunutze macht. Diese besagt, dass eine Verdopplung der Länge des Momentarms zu einer Vervierfachung des Drehmoments führt, ohne dass dadurch die Axiallänge des Motors beeinflusst wird. Dies bedeutet, dass unter Anwendung der D2L-Regel ein leistungsstärkeres Gelenk realisiert werden kann, und zwar durch eine einfache Vergrößerung des Motordurchmessers bei gleichzeitiger Minimierung der so bedeutsamen Gelenkbreite.
Auswahl geeigneter, robotertauglicher Motoren
Servomotoren, die speziell für die Größe, das Gewicht und die Leistungsanforderungen von Robotern ausgelegt sind, unterstützen Ingenieure bei der Entwicklung und dem Bau von leistungsfähigeren und marktfähigen humanoiden Robotern. Ein hervorragendes Beispiel für einen robotertauglichen Motor sind die gehäuselosen Servomotoren der TBM2G-Serie von Kollmorgen.
Die TBM2G-Motoren sind in sieben Baugrößen erhältlich, die jeweils auf drei unterschiedliche Stapellängen angepasst werden können. Dies bedeutet einen erheblichen Vorteil gegenüber den Motoren anderer Hersteller, die in der Regel nur in drei bis fünf verschiedenen Baugrößen erhältlich sind. Dank der vielen Optionen können die TBM2G-Motoren für jedes einzelne Robotergelenk so angepasst werden, dass sie je nach Verwendungszweck das ideale Verhältnis von Größe/Gewicht und Drehmoment bieten.
Addiert man die vielen Robotergelenke, die in einem Humanoiden verbaut werden, ergibt sich durch die Einsparungen bei Gewicht und Größe der einzelnen Gelenke ein bedeutend leichterer Roboter, der deutlich weniger Energie zum Tragen und Bewegen seines eigenen Gewichts benötigt. Die kompakten, leichten, korrekt dimensionierten TBM2G-Motoren sind die ideale Lösung, um dieses technische Ziel zu erreichen.
Darüber hinaus zeichnen sich diese innovativen gehäuselosen Motoren durch den Einsatz modernster Materialien und eine Vielzahl von Wicklungsoptionen aus, mit denen Konstrukteure optimale mechatronische Lösungen für die Anforderungen an Geschwindigkeit und Drehmoment von Gelenken für humanoide Roboter erzielen können. Die gehäuselosen Servomotoren der Serie TBM2G bieten:
- schnelle Beschleunigung mit konstantem Drehmoment über den gesamten Leistungsbereich von Robotergelenken
- höhere Dauerdrehmomente in kleineren Gehäusegrößen, verbunden mit Formfaktoren, die die D2L-Regel ausnutzen
- zuverlässige Reaktion und Präzision für die äußerst dynamischen Arm- und Beinbewegungen, die Humanoide ausführen können müssen
- ausgezeichnete Energieeffizienz über den gesamten Betriebsbereich bei mobilen Anwendungen, die mit einer Versorgungsspannung von 48 V DC bzw. darunter betrieben werden
- geringe thermische Erwärmung für eine längere Lebensdauer von Schmiermitteln, elektronischen Bauteilen und anderen Komponenten von Robotergelenken
- eine Durchgangsbohrung mit großem Innendurchmesser zur Aufnahme von Encodern, Kabeln, Wellen, Werkzeugen und mehr
Die TBM2G-Serie ist Teil einer umfassenden Auswahl an gehäuselosen Motorlösungen von Kollmorgen. Erfahren Sie mehr über das Know-how von Kollmorgen im Bereich Robotik und Humanoide und kontaktieren Sie uns, um mit einem Spezialisten für Robotertechnik von Kollmorgen zu sprechen. Gemeinsam lassen wir die humanoiden Roboter von morgen zum Leben erwachen.