In seiner Grundform besteht ein Servosystem aus einem Aktuator (dem „Muskel“), einem Steuergerät (dem „Gehirn„) und einem Rückführungselement (der „Sensorik“). In der Automatisierung kann der Muskel zwar eine Vielzahl von Mechanismen darstellen, aber am ehesten wird er durch einen Servomotor repräsentiert. Das Gehirn kann ebenfalls durch eine Vielzahl von Elementen dargestellt werden, in der Regel handelt es sich jedoch um eine Motion-Steuerung oder einen Servoantrieb. Die Sensorik liefert dem Gehirn über einen Stromsensor und/oder einen Encoder, einen Resolver oder ein Bildverarbeitungssystem Informationen.
Wenn das Steuergerät ein Signal an den Aktuator sendet, dass es sich in eine bestimmte Position bewegen soll, setzt sich der Aktuator in Bewegung, und das Rückführsystem meldet dem Steuergerät, wo und wie schnell sich der Aktuator bewegt. Die Steuerung überprüft dann die Rückführung und stellt fest, ob der Motor die angeordnete Position erreicht hat. Ist dies nicht der Fall, weist das Steuergerät den Aktuator so lange zur Bewegung an, bis es vom Rückführsystem ein Signal erhält, dass der Motor die gewünschte Position erreicht hat.
Das Servosystem funktioniert ähnlich wie die Prozesse des menschlichen Körpers – ein bemerkenswertes mehrachsiges Motionssystem mit Hunderten von Muskeln, mehreren Rückführungssystemen und einem Steuersystem, das schnelle Anpassungen vornimmt. Ein Beispiel: Ein Baseballspieler geht zur Schlagposition. Das Gehirn analysiert die aktuelle Situation, die Anzahl der Spieler auf der Base, die aktuelle Anzahl der Outs, die Position der Verteidigung. Der Schlagmann blickt in Richtung des Trainers der dritten Base und erhält das Signal, den Ball zu schlagen (das Bild geht von den Augen zum Gehirn). Während der Werfer den Ball wirft, nimmt der Schlagmann den Wurf vorweg und überlegt, wo der Ball die Platte kreuzen wird. Wenn der Werfer den Ball loslässt, senden die Augen des Schlagmanns Informationen an das Gehirn. Das Gehirn analysiert den Flug des Balls, trifft in Sekundenbruchteilen Entscheidungen, sendet Signale an mehrere Muskeln und koordiniert den Schwung des Schlägers, um den Ball präzise zu treffen. Wenn der Schlagmann den Ball verfehlt, analysiert das Gehirn den Fehler, um sich auf den nächsten Wurf einzustellen. Der menschliche Körper arbeitet wie ein Servosystem in einer koordinierten Abfolge von präzisen Bewegungen. Das moderne industrielle Servosystem hat sich erheblich weiterentwickelt und umfasst nun komplexe Steuerungen mit mehreren Rückführsystemen und schnellen Prozessoren, die Entscheidungen im Nanosekundenbereich treffen, um die gewünschte Bewegung auszuführen. Ein typisches industrielles Servosystem besteht aus folgenden Komponenten:
- Der Servomotor: das Herzstück des Systems, erhältlich in verschiedenen Technologien wie bürstenbehaftet oder bürstenlos, mit oder ohne Gehäuse, linear oder rotierend. Der Motor erzeugt das für die Beschleunigung und Bewegung der Last erforderliche Drehmoment.
- Der Servoantrieb: dies kann entweder das Gehirn des Systems oder ein Teil des Gehirns sein. Einfache Servoantriebe können Drehmoment und/oder Drehzahl regeln, während Servoantriebe der höheren Leistungsklasse zusätzliche Funktionen bieten und als Positionierer mit Programmierfunktionen konfiguriert werden können. Ein auf den Servomotor abgestimmter Antrieb oder Regler steuert die Spannung und den Strom, den der Motor erhält.
- Die Servosteuerung: das Gehirn des Systems, nutzt eine Programmierumgebung, um eine Vielzahl von Optionen für die Maschinensteuerung und den Betrieb von Ein- und Ausgängen zu ermöglichen, und ist mit einer Art grafischer Benutzeroberfläche verbunden. Servosteuerungen können eigenständig oder mit Servoantrieben integriert sein.
- Die Rückführung: die Sensorik des Systems ist in der Regel in den Servomotor integriert. Das Rückführsystem kann aus einem Encoder, Resolver, linearen Rückführsystem, Tachometer und so weiter bestehen. Anspruchsvolle Steuersysteme können auch fortschrittlichere Formen der Rückführung umfassen, wie zum Beispiel ein Bildverarbeitungssystem.
- Kabel: das Servosystem ist derart untereinander gekoppelt, dass Rückführungs-, Kommunikations- und Leistungsrückführungskabel das Nervensystem bilden, das Gehirn, Muskeln und Sensorik miteinander verbindet.
Die Auswahl der richtigen Komponenten für ein Servosystem erfordert eine sorgfältige Analyse der Leistungsanforderungen des Systems. Die benötigte „Muskelkraft“ bestimmt die Größe des Servomotors, was sich wiederum auf die Auswahl des Servoantriebs auswirkt. Die Präzision der Anwendung spielt bei der Auswahl der Rückführung eine Rolle, insbesondere bei der Art und Auflösung der Rückführung. Der Umfang der Koordinierung zwischen den anderen Geräten im System und die erforderliche Reaktion bestimmen den Umfang der erforderlichen Steuerung.
Das Unterbringen all dieser Faktoren kann sich zu einer umfangreichen Aufgabe entwickeln. Die Zusammenarbeit mit Motion-Control-Experten wie Kollmorgen erleichtert und beschleunigt die Auswahl eines Servosystems und führt zu einem optimalen System für die jeweilige Anwendung.