Branchen- und Markttrends
Mit ein paar Klicks und einem Tastendruck können Verbraucher heutzutage maßgeschneiderte Brillen, Blazer aus einer 3D-Strickmaschine und Schuhe bestellen, die nach einem auf einer Kamera-App basierenden Modell hergestellt werden. Der Fachbegriff dazu lautet kundenindividuelle Massenproduktion. Sie verändert nicht nur die Art und Weise, wie Verbraucher einkaufen, sondern auch, wie Waren hergestellt werden. Hersteller, die Personalisierungsmöglichkeiten anbieten möchten, benötigen für eine echte kundenindividuelle Massenproduktion auf Losgröße eins jedoch mehr als den neuesten 3D-Drucker oder die neueste Ausrüstung. Es ist wichtig, die gesamte Lieferkette zu verstehen – von der Produktidee und dem Design bis zur Herstellung und Logistik.
Neue Technologie stärkt ein altes Konzept
Die kundenindividuelle Massenproduktion ist kein neues Konzept. Toyota spielte in den späten 1980er Jahren mit dieser Idee und Nike brachte sie Ende der 1990er Jahre auf den Markt. Doch neue Technologien verändern und beschleunigen das Verbraucherverhalten in Richtung interaktiver, personalisierter und auftragsbezogener Erfahrungen. Egal ob es sich um Lebensmittel und Getränke, Arzneimittel, Autos oder Kleidung handelt: Was früher eine individuelle Anpassung mit einigen wenigen Optionen auf einem Verkaufsformular war, hat sich zu einer Kundenerfahrung entwickelt, die persönlicher und ansprechender als jemals zuvor ist.
Ausschlaggebend hierfür war die Entwicklung der Verbraucher- und Fertigungstechnologien. Verbraucher nutzen mobile Technologien, um ihre Kauferfahrungen zu individualisieren und die traditionellen Lieferketten zu verändern (und damit auch das Gespräch über Nachhaltigkeit). OEMs wiederum entwickeln immer fortschrittlichere Maschinen, die in der Lage sind, präzisere und komplexere Bewegungen auszuführen, um individuelle Produkte und Sendungen auf die Bedürfnisse der Verbraucher abzustimmen. Im Moment sind es jedoch die Verbraucher, die OEMs und Hersteller dazu bringen, ihre Produkte individuell anzupassen. Dies ist ein Segen für Verbraucher, ein Nachteil für die Gesamtanlageneffektivität der Hersteller und kann, wenn sie vorausschauend planen, ein Glücksfall für OEMs sein.
OEMs spielen Aufholjagd mit ihren Kunden
Der Druck zu reagieren liegt nun auf den OEMs. Doch hier muss nicht bloß einfach ein Schalter umgelegt werden. In der Vergangenheit haben sich Hersteller auf lange Produktionszyklen eingestellt, um eine große Stückzahl zu produzieren. Im Falle einer Modifizierung muss die gesamte Produktionslinie abgeschaltet, gereinigt und umgestelt werden. Dies ist zeitintensiv, teuer und verlangsamt die Markteinführung. In der Welt des Druckens, Verpackens, Abfüllens und Palettierens sind Unternehmen heute immer häufiger mit der Aufgabe konfrontiert, individuelle Massenanpassungen vorzunehmen, um die Anforderungen anderer Unternehmen in der Lieferkette zu erfüllen. Die Möglichkeit, Änderungen im laufenden Betrieb vorzunehmen, ohne eine Anlage abschalten zu müssen, würde die Gesamtanlageneffektivität drastisch verbessern und schnellere Marktreaktionen ermöglichen.
Ein Beispiel: Ein Hersteller ist dabei, 20.000 Flaschen mit seiner Standardverpackung zu produzieren. Ein Einzelhändler möchte jedoch ein aktuelles Ereignis ausnutzen und bestellt 5.000 Flaschen mit individueller Verpackung, die an ausgewählte Standorte geliefert werden. Vom Druck bis zum Versand müssten alle Hersteller in der gesamten Lieferkette auf Abruf produzieren. Im Idealfall könnten die Hersteller ihre laufenden Produktionen anhalten, eine direkte Verbindung zu einem Kundenmanagementsystem herstellen und die Änderungen sofort vornehmen. Da die Produktion nicht gestoppt werden muss, wird der Hersteller einen direkten Anstieg der Gesamtanlageneffektivität verzeichnen und gleichzeitig alle seine Aufträge erfüllen.
OEM: Die nächste Generation
Die Umsetzung einer Massenanpassung an die Losgröße einer Produktlinie kann den Fertigungsprozess flexibler und kundenorientierter machen, stellt aber auch eine enorme Belastung für den Produktionszyklus in Bezug auf Verfügbarkeit, Leistung und Qualität dar. Die Messung von Verfügbarkeit, Leistung und Qualität ist die Grundlage der Gesamtanlageneffektivität:
- Maschinen müssen die Ausfallzeiten in den geplanten Produktionsstunden verringern, wenn eine neue Produktionscharge erforderlich ist.
- OEMs müssen die tatsächliche Maschine und die Durchsatzgeschwindigkeit kennen und sicherstellen, dass sie wie geplant funktioniert.
- Bei der Umstellung zwischen den Chargen ist es entscheidend, dass die Anzahl der produzierten Waren die erforderliche Quote erreicht und dass die produzierten Waren der beabsichtigten Qualität entsprechen.
Eine neue Maschinengeneration – eine adaptive Maschine – wird benötigt, die sich an die Produkte anpasst, anstatt dass sich die Produkte starr nacheinander an die Maschinen anpassen. Die Maschinen müssen mit kritischen digitalen Geschäftsmodellen wie Built-to-Order, E-Commerce und Direct-to-Consumer im Einklang stehen und gleichzeitig bei einer Losgröße von einem Stück kosteneffizient sein. Die adaptive Maschine basiert auf einer unabhängig gesteuerten, synchronisierten Bewegung jedes Produkts oder Kits auf einer Produktionslinie. Dies setzt voraus, dass man sich von der traditionellen Vorstellung von Maschinen löst und sie als mechatronische Anwendungen betrachtet, die mechanische, elektrische, elektronische und softwaretechnische Komponenten zu gebrauchsfertigen Modulen verbinden.
Es beginnt mit (Big) Data
Die Verbraucher treiben die Entwicklung hin zur Massenindividualisierung voran, und diese Entwicklung basiert auf der riesigen Menge an Daten, die produziert werden. Der Grundgedanke hinter Industrie 4.0 und der adaptiven Maschine ist die Standardisierung von Daten und der Art und Weise, wie sie in einem System (sogar in der Lieferkette) ausgetauscht werden. Dazu gehören nicht nur Daten, die von außerhalb der Produktion kommen (das heißt von den Verbrauchern), sondern auch Daten, die während der Produktion entstehen. Die Analyse von Daten an der Schnittstelle ermöglicht es Herstellern, die Maschinenleistung als internen Prozess oder von einer anderen Maschine aus in Echtzeit zu bewerten und anzupassen. Edge Analytics kann Daten verarbeiten, ohne dass sie in die Cloud übertragen werden müssen, und ermöglicht die Integration in ein Ressourcenplanungssystem für eine bessere Planung und Flexibilität.
Aufbau der adaptiven Maschine
Der Endanwender ist die treibende Kraft, wenn OEMs ihre Maschinen planen und bei der Frage, welchen Mehrwert sie bieten sollen. Um eine kundenindividuelle Massenproduktion bis zu einer Losgröße von einem Stück zu ermöglichen, muss die Maschine ein Produkt durch Abfüllen, Bedrucken, Verpacken oder Palettieren maßschneidern. Auch wenn die aktuellen Konfigurationen eine spontane Anpassung erschweren, können OEMs ihre Maschine mit fortschrittlichen Bewegungsfunktionen ausstatten, um mit der zunehmenden Anzahl von SKUs Schritt zu halten, die als Nebenprodukt der Massenanpassung erforderlich sind. Sie können die Produktionsflexibilität erhöhen und gleichzeitig ihre Ziele in Bezug auf die Gesamtanlageneffektivität erreichen.
Antriebe werden kleiner
Bei Motoren geht der Trend dahin, dass Antriebe immer kleiner werden. Vor fünfzehn Jahren hatte ein durchschnittlicher Servo-Kartonverpacker vielleicht vier Servo-Achsen. Heute kann ein Sammelpacker 16 bis 20 Achsen haben, so dass Funktionen wie Klappeneinleger, Quadrieren, Komprimieren und Formatwechsel servogesteuert werden können. Kleinere Servoantriebe fügen neue Funktionen hinzu, automatisieren den Prozess noch mehr und ermöglichen es OEMs, ihre Produkte zu differenzieren.
Bei so vielen Kombinationen von Rückkopplungen, Funktionen, Leistungsanforderungen und Steuerungssystemen gibt es keine Einheitslösung für Servoantriebe. OEMs können Rückmeldegeräte, Kommunikationsprotokolle und Motorfunktionen miteinander kombinieren. So kann ein rahmenloser Motor die Bewegung direkt am Gelenkpunkt einbetten, wodurch übermäßige Masse und Gewicht sowie unnötige Komponenten wie Getriebe, Riemen und Riemenscheiben entfallen. Um jedoch eine qualitativ hochwertige Produktion zu gewährleisten, ist eine Echtzeit-Synchronisierung zwischen Servoachsen, CNC- und Robotersystemen erforderlich.
Verbesserte Kontrolle
Abgesehen von den mechanischen Aspekten eines differenzierten Antriebssystems liegt die Fähigkeit zur Massenanpassung in der Konnektivität. Ein vernetztes System gewährleistet, dass alle Geräte miteinander verbunden werden können. So kann beispielsweise der Systemcontroller, der die Daten sammelt, diese zur Steuerung des Systems verwenden und die Daten bei Bedarf mit vorgeschalteten Geräten austauschen.
In Maschinen werden traditionell speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) verwendet, um diskrete Informationen und Ausgangssignale von sequentiellen Programmen zu verarbeiten. Eine separate Antriebssteuerung, die über einen Feldbus mit der SPS verbunden ist, steuert die Servoantriebe. Dieses Setup funktionierte für lange Chargenläufe. Die agile digitale Fertigung erfordert jedoch eine Maschinensteuerung, die viel komplexere Aufgaben parallel ausführen kann. Dies führte zur Entwicklung programmierbarer Automatisierungssteuerungen (PACs), die es OEMs ermöglichen, Produktionsanlagen für die Industrie 4.0 vorzubereiten. Eine einzige Closed-Loop-Hardwareplattform, die Logik- und Prozesssteuerungen, Bewegungssteuerungen, Visualisierung, High-Level-Programmiersprachen und Software-Entwicklungstools umfasst, kann Schnittstellenprobleme beseitigen und modulare Konstruktionsprinzipien erleichtern, einschließlich der Massenanpassung auf Losgröße eins. Achten Sie bei der Auswahl einer Steuerungsplattform der nächsten Generation auf die Einhaltung von Industriestandards wie IEC61131-3 und PLCopen sowie auf Steuerungen, die mit Ethernet TCP/IP (HTTP API), Profinet, EtherNet/IP und EtherCAT kommunizieren und als Gateway zu diesen fungieren können, um das Risiko zu minimieren.
Für die Hersteller ermöglicht diese offene Konnektivität im gesamten System, dass ihre Enterprise Resource Planning (ERP)-Software direkt mit dem Antriebssystem kommuniziert und die Produktion bei Bedarf auf der Ebene einzelner Maschinen oder des gesamten Produktionssystems anpasst. Die Gefahr von Fehlern ist geringer, da die Daten automatisch vom System übertragen werden, anstatt sie aufzuschreiben oder abzutippen. Es besteht keine Gefahr, eine Zahl falsch zu schreiben oder sich zu vertippen. Es handelt sich um einen stabilen, vernetzten Prozess, der zu höherer Qualität, weniger Fehlern, höherem Durchsatz und damit zu einer besseren Gesamtanlageneffektivität führt.
Keine Abstriche bei der Qualität zugunsten der Geschwindigkeit
Die Herausforderung bei der kundenspezifischen Fertigung besteht in der Aufrechterhaltung der Qualität während des gesamten Produktzyklus. Schnell und flexibel zu sein ist großartig, aber nicht, wenn dies zu Lasten der Qualität geht. Die hohe Produktvariabilität erfordert fortschrittliche Inspektions- und Rückverfolgungssysteme, die flexibel und integriert sind. So können beispielsweise fortschrittliche Bildverarbeitungssysteme, Serialisierung und Verfolgung eingesetzt werden, um die immer komplexer werdenden Druck-, Abfüll-, Verpackungs- und Palettierprozesse zu optimieren. Durch den Einsatz von Big Data, fortschrittlichen Servomotoren und offenen Kommunikationsprotokollen kann eine einheitliche Produktion mit hoher Wiederholgenauigkeit geschaffen werden. Zugleich informiert das System darüber, wenn irgendwo ein Fehler auftritt.
Wechsel von Losgröße Groß zu Losgröße 1
Dies mag entmutigend erscheinen, aber die Hersteller können wettbewerbsfähig bleiben, ohne eine kostspielige Werksüberholung durchführen zu müssen. Sie können mit ihren Partner-OEMs zusammenarbeiten, um ihren Betrieb auf Massenanpassung und schließlich auf Losgröße eins umzustellen.
- Bestimmen Sie, welche Produktionsbereiche von der Umstellung auf ein stärker automatisiertes System profitieren würden
- Strategische Planung im Hinblick auf auslaufende Geräte und Aufrüstung und Ergänzung nach Bedarf
- Arbeiten Sie mit einem Motion-Anbieter wie Kollmorgen zusammen, um herauszufinden, wie Sie schnell und effizient optimale Anpassungen vornehmen können, um differenzierte Bewegungssysteme zu entwickeln.
OEMs sehen sich mit zunehmenden Anpassungswünschen der Hersteller (und damit auch der Verbraucher) konfrontiert, müssen aber feststellen, dass handelsübliche Standard-Antriebsprodukte nicht ausreichen. Hier kann die Zusammenarbeit mit einem führenden Technikunternehmen helfen. OEMs können die Unterstützung der Co-Engineering-Experten von Kollmorgen nutzen, um einfache, leistungsstarke Bewegung und Automatisierung zu erreichen. Mit fortschrittlichen Tools, Trainings und Support ist Kollmorgen bestens gerüstet, um die Belastung der gesamten Lieferkette durch kundenindividuelle Massenproduktion und Losgrößen zu bewältigen.